Das habt Ihr alles meiner Schwiegermutter zu verdanken.

Anfang des Monats erreichten uns schlechte Nachrichten aus Deutschland - meine Schwiegermutter hat sich das Bein gebrochen. Doch da sie jetzt zur Untätigkeit verdonnert ist, kann sie sich nun in aller Ruhe des Blogs annehmen. Ach, und was soll ich sagen - sie ist begeistert. Also muss ich dafür sorgen, dass sie jede Menge zu lesen hat. Denn wie alle Schwiegermütter würde sie sonst auf die Idee kommen, gegen jeden ärztlichen Rat doch den nächsten Bäcker oder Supermarkt zu erreichen.
Also, was ist hier so passiert? Erschreckend wenig.
Wie ist das Wetter?
Der Herbst hat Einzug gehalten, das bedeutet Tiefsttemparaturen von 20 Grad, nachts sogar nur noch zweistellig mit einer Eins davor. Davon könnt Ihr in Deutschland wahrscheinlich nur träumen. Viel Sonne, kaum Regen, gute Luft, der Herbst von Shanghai kann sich durchaus sehen lassen. Wetter Ende.
Ich war beim Schneider.
Verena und ich sind Ende November auf den German Ball der Außenhandelskammer eingeladen, dafür musste feiner Zwirn ins Haus. Hier in China geht der Mann von Welt nicht etwa in den H&M sondern zum Schneider. Und nicht wie in Deutschland gibt es da ein oder zwei Adressen, an denen sich neben einem Schuster und einer netten Boutique eben ein Schneider befindet, nein, hier versammelt man an die hundert Schneider in einem großen Haus. Jeder hat dort seinen kleinen Laden und wirft sich den Westlern an den Hals. Wobei die Menge an Anzügen, Hemden, Mänteln, Schals, Knöpfen und Kleidern sehr beeindruckend ist und - es riecht nicht nach Essen.
Nachdem ich mich für einen freundlichen Schneider entschieden hatte, wurde Maß genommen, der Preis ausgehandelt (na ja, er hat ihn gesagt) und ein Datum vereinbart. Eine Woche später (heute) düsten Mathilda und ich wieder in die Innenstadt, setzten Mathilda vor begeisterte Verkaufsdamen und ich schlüpfte in einen perfekt passenden Smoking - es ist eine Freude. Den zieh' ich nie wieder aus. Oder ich lasse mir noch 6 weitere schneidern und laufe ab nächster Woche bis zu meinem Lebensende nur noch in Anzügen, Smokings und Gehröcken rum - freut Euch drauf.

Wir waren Touristen
Letzte Woche haben wir endlich mal ein klassisches Touristenziel erkundet. Zujiajiao ist ein kleines Flussdorf zirka eine Stunde außerhalb Shanghais. Mit einer befreundetet Familie sind wir zusammen also durch enge Sträßchen und über zahllose Brücken spaziert. Es war wirklich sehr schön und malerisch zwischen uralten Ginkobäumen an den alten Häusern vorbei zu flanieren. Jede und jeder, der einen Besuch bei uns einplant, kann das schon mal googlen, da schleppen wir Euch auf alle Fälle hin. Gerade die Essstände bieten auch die touristischen Fotomotive "frittierte Spinne", "Haipenis am Spieß" oder auch "Made im Speckmantel".

Jennys Blumenladen
Verena hat noch was schönes für alle zukünftigen Besucher entdeckt: Jennys Blumenladen. Das ist also ein Laden hier um die Ecke, der damit wirbt, eben ein Blumenladen zu sein. Und während man hier seinen kümmerlichen Strauß binden lässt, anders kann man es nicht sagen, bietet Jenny dem Kunden an, doch einmal einen Blick ins Hinterzimmer zu werfen. Und hier eröffnet sich dann eine Welt, die man eigentlich nur aus Geschichten von jemandem kennt, der jemanden kennt. Ein riesiges Warenlager mit allem. Kistenweise Whiskey neben Katzenfutter neben Zahnpasta neben Nutella neben philippinischem Olivenöl neben Wäschetrocknern neben einer Hantelbank neben frischen Landeiern, die laut Verpackung im Wald gelegt wurden - eine ganz feine Sache.

Es war Halloween.
Ende Oktober war hier im Compound die Hölle los ("Hölle los - Halloween", got it?). Das ist nochmal ein ganz anderes Kaliber als in Merching, das geht schon schwer in Richtung Amerika, Taobao und Aladin machen es möglich. Fies dekorierte Vorgärten mit Nebelmaschinen, Skeletten und ganzen Friedhöfen mit Light & Sound machen echte Stimmung. Da kamen wir uns mit zwei echten Kürbissen ein bisschen so vor, als gäbe es bei uns nur Holzspielzeug.
Tom als Mumie (Mathilda hat immer gesagt "Tom Mumu", davon war er gar nicht begeistert) und Mathilda als Lightning Cat rannten durch die Straßen, brüllten wie verrückt und hatten jede Menge Spaß und Süßigkeiten. Und - lieber Alex - wir haben ganz alleine Kürbisse geschnitzt, du hast uns sehr gefehlt!

Und das soll es mal gewesen sein. Ich muss jetzt weiter versuchen, die Heizung in Gang zu setzen, mich auf den ersten Elternabend vorbereiten, beten, dass Mathilda morgen die Zusage für den Kindergarten bekommt, chinesisch lernen, das erste Mal tanken gehen (das hat bisher immer Bruce für mich gemacht), Edward den Metzger ausprobieren, der hat nämlich in Kassel gelernt, die Reisevorbereitungen für die erste Heimreise an Weihnachten angehen und noch Manschettenknöpfe bestellen.
Ihr seht also, viel Futter für den nächsten Blogbeitrag. Bis denne.