That's Shanghai, baby!
Aktualisiert: 6. Aug. 2019

Also so langsam schleicht sich hier so etwas wie Normalität ein. Verena kam vor ein paar Tagen von einer Geschäftsreise aus Peking zurück und sagte beim Betreten der Küche "schön, wieder zu Hause zu sein". Das war tatsächlich treffend formuliert.
Nicht nur, dass wir dank IKEA in einem eingerichteten Haus, in dem auch Spielzeug wohnt, leben, nein, auch der Kopf hat sich hier eingerichtet. Nach vier Wochen ist der Urlaubsmodus beendet und uns wird klar, dass wir gekommen sind, um zu bleiben (boah, hab' ich das jetzt echt geschrieben? Was kommt als nächstes? Wohnst du noch oder...?).
Besonders hilfreich hat sich hierbei vor allem die Eröffnung eines chinesischen Bankkontos erwiesen. Seitdem stehen uns endlich die magischen Bezahlsysteme We Chat Pay und Ali Pay zur Verfügung. Ihr macht euch ja keine Vorstellungen, wie einfach es damit ist, Geld auszugeben. Und wir ernten die ersten lächelnden Blicke in Läden, da wir nicht mehr mit unseren verpöhnten Geldscheinen fuchteln sondern ab sofort mit Huawai, Honor und iPhone winken.
Natürlich war 'Bankkonto' nicht ganz einfach, Verena hatte hierfür extra mit einem Berater unserer Housing Agentur und der Bank einen Termin vereinbart, ein langes Gespräch geführt, von dem sie kein Wort verstanden hat, Online-Banking bestellt und vielleicht bekommen und schließlich, nach zwei Stunden die heiß ersehnte Bankkarte in den Händen gehalten. Allerdings funktioniert das nicht ganz so online, wie bei uns. In der Praxis mache ich mich alle zwei Tage auf den Weg zu einem der wenigen Geldautomaten mit Cash Recycling Funktion, hebe vom deutschen Konto Geld ab um es anschließend wieder in den Automaten zu stopfen und damit unser chinesisches Konto zu füttern. Aber dann kann das Geld fließen...
Was ist sonst noch passiert? Wir haben den ersten Verlust zu melden. Einer unserer beiden adoptierten Kater, Niko ist gestorben, nachdem unser Compound mit Pestiziden behandelt wurde - wir vermuten einen Zusammenhang. Es verbleibt Romeo, ein kleiner getigerter Kater, der Nacht für Nacht ums Haus jammert. Leider war wohl Niko derjenige, der hier im Katzen Hood das Sagen hatte; seit seinem Abgang hat sich das Katzenaufkommen gefühlt verzehnfacht und ich komme mit Katzenfutterkaufen gar nicht mehr hinterher. Während ich diese wahrhaft spannenden Zeilen schreibe, springe ich immer wieder auf und schwinge vor der Haustür den Besen, um unseren Romeo zu beschützen und Familie Capulet auf Abstand zu halten. Ja man, that's Shanghai!
Ich schreibe zu wenig über die Kinder, oder? Ja, ich weiß. Die langweilen sich hier gerade gepflegt zu Tode. Der Compound ist auf Grund der Ferienzeit immernoch wie ausgestorben und das Wetter (hach, endlich schreibe ich mal über das Wetter) macht ausgedehnte Spaziergänge und Toben über Grünflächen leider enorm anstrengend. Hier ist es jetzt gerade 23:02 Uhr und draußen herrschen 33 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit, da ist man nass, bevor man die Haustüre hinter sich wieder geschlossen hat. Was uns bleibt, sind eben Malls mit ihren Indoor Playgrounds und die sind laut, schrill, bunt und voll. Alle zwei Tage beiße ich in den Apfel und nehme mit Bruce, unserem Fahrer so ein Bällebad, während Tom und Mathilda wie angestochen durch Trampoline, Hüpfburgen Bällebäder und Peppa Wutz Welten rasen.
A propos Hüpfburgen: Wir haben eine Hüpfburg. Doch was zu Beginn selbst bei mir die Augen blitzen ließ, hat sich nach dem ersten Aufblasen in etwas anderes verwandelt: in einen verdreckten, stinkenden, riesigen, bunten Haufen Plastik, der beständig von zwei Turbinen mit Luft versorgt werden muss und somit ohrenbetäubenden Lärm macht - die Kinder lieben es, war ja klar.
Ich gestehe, ich bin dem Problem mit einem Cutter zu Leibe gerückt - Problem gelöst. Neues Problem: Wie bekommen wir einen verdreckten, stinkenden, aufgeschlitzten, bunten Haufen Plastik aus dem Garten?
Was kommt als nächstes? Diese Woche steht unser erster Arztbesuch an, da erwarte ich viel Potenzial für den Blog, außerdem wollen wir Fahrräder kaufen und ich muss weiter fleißig für den chinesischen Führerschein büffeln, denn das Auto steht schon vor dem Haus. Also:
Wir sagen Dankeschön und auf Wiedersehen, schauen Sie bald wieder rein, denn...